Von A(ssyrtiko) bis X(inomavro)
14 SU-Mitglieder auf Griechenland-Reise: Unerwartetes Cool-Climate
Von wegen Dürre! Fünf schöne Junitage lang bereisten wir in kontinental geprägtem Klima die grünen Gebirgslandschaften im Norden Griechenlands. Weinreben wachsen hier auf bis zu 1.000 Meter N.N., vorzugsweise in windigen Gebieten. Das führt zu längeren Reifeperioden, stark ausgeprägten Tag-/Nachtamplituden und in den Weinen bekanntlich zu mehr Komplexität und frischer Säurestruktur. Unser Ausgangspunkt war die lebendige Stadt Thessaloniki, von dort aus wir täglich sternförmig nach West-, Zentral- und Ostmakedonien ausströmten. Sommelier Nikos Panidis moderierte den ersten Abend und Einstieg ins Thema und begleiteten uns fünf Tage lang mit Rat, Freude und Humor.
Assyrtiko, die weiße Königin der Rebsorten Griechenlands, hat uns betört. Mit viel Säurefrische, Filigranität und eher kräutrig-würzigen Aromen empfanden wir sie oft als perfekte Speisebegleiterin; z.B. zu Wassermelone-Wildkräuter-Salat oder zur gegrillten Goldbrasse mit Selleriecreme und Kräuterzucchini. Da die Rebe sehr resistent gegen Trockenstress und echten/falschen Mehltau ist, gewinnt sie im Klimawandel. Mal sehen, ob wir sie auch bald in unseren Breitengraden antreffen.
Die zweite autochthone Rebsorte (unter ü.300 Rebsorten), die uns begeisterte, war der rote Xinomavro. Vor allem in den nordgriechischen Appellationen Naoussa und Amyndeon angebaut, bietet sie Potenzial für erstaunlich eigenständige, komplexe sensorische Erlebnisse. Meist außerordentlich elegant, von eher hellroter Farbe, aber kräftigen, feingliedrigen Tanninen und ebenfalls belebender Säurestruktur bespielt sie ein spannendes Feld zwischen Pinot Noir und Nebbiolo. Großes Alterungspotential inbegriffen, was wir dank zahlreicher Vertikalverkostungen (zurück bis 1996) erfahren durften.
Griechenlands Historie begegneten wir u.a. an der Ausgrabungsstätte des Königsgrabes Philipp II. (359-336 v. Chr. König von Makedonien, Vater Alexanders des Großen). Das Land blickt auf eine 3.500-jährige Weinbaugeschichte zurück und gilt als Wiege der europäischen Weinkultur. Eine Renaissance erlebte Griechenlands Weinbau mit dem Ende der Militärdiktatur 1974 und dem EU-Beitritt 1981. In dieser Zeit wurden auch die meisten von uns besuchten Weingüter gegründet.
Besuchte Weingüter: Alpha Estate (mit den Gastwinzern Ktima Voyatzi, Vineyard Kamkouti, Kitrvs Winery), Domaine Costa Lazaridi (mit Wine Art Estate, Ktima Pavlidis, Oenops Wines, Ktima T Apostoli, Domaine Porto Carras), Kir-Yianni (mit Argyrakis Wines, Ktima Diamantakos, Boutaris Winery, Estate Foundi, Argatia Winery, Katogi Averoff, Zoinos Winery), Ktima Gerovassiliiou (mit Ktima Biblia Chora, Metochi Mylopotamos, Domain Florian, Kechris Winer).
Julien Alsoufi (BASF-Gastronomie, Ludwigshafen): „Abseits von bekannten Pfaden und Klischees haben wir Weingüter entdeckt, die mit ihren Weinen einem internationalen Anspruch gerecht werden! Auch die Küche Griechenlands war frisch und authentisch. Alle Gastgeber agierten großzügig und leidenschaftlich. Es entwickelte sich ein toller Gruppen-Spirit.“
Tanja Klein (Tanja Klein GmbH, Berlin): „Neben dem Anbau ihrer Weine leisten die Winzer enorme Aufklärungsarbeit, da ihre Weine noch immer unterschätzt werden. Leider! Vehement setzen sie sich für ihre heimischen Rebsorten ein und schrauben die Qualität nach oben. Es war für mich eine der spannendsten Weinreisen der letzten Jahre. Grandios.“
Und ich persönlich finde: „Griechenland hat zurückgefunden zu seinen Ursprüngen, eigenständigem Terroir und autochthonen Rebsorten. Die griechischen Weine sind alles andere als günstig harzig-süße Literware zu Gyros. Diese Zeiten sind vorbei! Charakterstark können sie sich locker mit klassischen Speisebegleitern in der ambitionierten Gastronomie messen.“
Efcharistó (Danke) an die „Winemakers of North Greece“ für Organisation, Gastfreundschaft, authentische Einblicke und vor allem überzeugende Weine.
Inge Mainzer,