Beata Vlnkova
Also gut, einen weiteren Sommelier habe ich noch für Sie. Diese Ehre gebührt Beata Vlnkova, der Präsidentin der slowakischen Sommelier-Vereinigung.
Leider erfahren Sommeliers in der Slowakei noch nicht die ihnen gebührende Wertschätzung. Nichtdestotrotz hat Béata es zu ihrer Lebensaufgabe gemacht, so viele Menschen wie möglich im Weinfach zu unterrichten und somit vielleicht auch den Status der Sommeliers zu verbessern. Nicht jeder muss gleich ein Weinexperte werden, aber ein wenig mehr Verständnis für dieses wunderbare Produkt und den Wert eines Sommeliers für ein kulinarisches Erlebnis macht bereits einen großen Unterschied. Und dabei geht es nicht nur um die gehobene Gastronomie, sondern um die gesamte gastronomische Szene.
Obwohl Béata eine Hotelfachausbildung absolviert hat und im renommierten Hotel Dévin in Bratislava gearbeitet hat, glaube ich, dass sie einen Großteil ihres Wissens dem Studium für ihr WSET Diplom und ihr Court of Master Sommeliers Advanced Certificate zu verdanken hat. Doch ich bin mir sicher, dass nichts davon ohne die nötige Leidenschaft möglich gewesen wäre, die bei Béata auf jeden Fall vorhanden ist.
Ohne diesen inneren Antrieb wäre aus dem Lehrling auch nie die bemerkenswerte Lehrerin von heute geworden. Sie unterrichtet sowohl Profi- als auch Amateurkurse und hat an mehreren Institutionen einen Lehrauftrag. Außerdem nutzt sie ihr Wissen, um für die International Federation of Wine and Spirits Journalists and Writers zu schreiben. Sie verbreitet also die (Wein-)Kunde so gut es geht und vermittelt damit auch die Leidenschaft für Wein.
Wie ich gehört habe, hat Béata auch eine enge Verbindung zu Belgien, da ihre Tochter in Brügge lebt.
Los geht’s!
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Normalerweise ist es die letzte Region, die ich besucht habe. Wenn ich wieder zu Hause bin, bin ich immer ganz enthusiastisch und will allen erzählen, was ich gesehen und erlebt habe. Aber ich empfehle oft deutsche Rieslinge und die Champagne.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Dauerhafte Leidenschaft: Eine Leidenschaft für Abendheuer im Reich des Weins und des guten Essens, fürs Reisen und guten Humor. Entgegenkommen und die Fähigkeit, seine Kunden mit der Leidenschaft anzustecken, sie zu inspirieren und die Welt zu einem schöneren Ort machen zu wollen, sind auch sehr wichtige Eigenschaften eines guten Sommeliers.
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
In der Slowakei ist der Beruf mit Sicherheit zu wenig gewürdigt. Das Berufsfeld ist noch sehr jung in unserem Land. Unsere Sommelier-Vereinigung wurde erst im Jahr 2000 gegründet und bei der ASI sind wir Mitglied seit 2002. Heutzutage haben Restaurants bereits eine ausgedehnte Weinkarte, aber die Eigentümer und Manager verstehen noch immer nicht, dass es der Sommelier ist, der den Wein tatsächlich verkauft. Sie stellen keine Sommeliers ein und daher gehen die wirklich guten slowakischen Sommeliers ins Ausland, zum Beispiel nach London.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Das war erst spät in meinem Leben, denn während meiner Jungend war die Auswahl nicht besonders groß. In der Slowakei gab es genau zwei Weine: weiße und rote. Als ich 2002 in Bratislava als Food and Beverage Manager im Devín Hotel arbeitete, schickte mich der Präsident der erst kürzlich gegründeten Sommelier-Vereinigung nach Wien, um dort an einer Verkostung von Bordeauxweinen des Jahrgangs 2000 teilzunehmen. Diese Verkostung – für mich die erste richtige Weinprobe überhaupt – hat mich verzaubert. Seither versuche ich, alles aufzuholen, was ich in jungen Jahren verpasst habe.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
Das ist definitiv Gerard Basset. Ich kenne ihn seit vielen Jahren von Wettbewerben. Trotz all seiner Erfolge ist er immer derselbe geblieben. Seit ich ihn das erste Mal traf hat er sich nicht verändert: Er ist bescheiden, freundlich, zurückhaltend und immer bereit Fragen zu beantworten.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Es hängt viel von der Jahreszeit, dem Wetter und dem Kunden ab. Ich versuche stets einen kleinen Hinweis zu finden, der mir bei der Kombination helfen könnte. Das kann etwa der Geruch, der Geschmack, die Herkunft oder eine Erinnerung an Etwas sein. Allerdings experimentiere ich auch gern. Ungewöhnliche Kombinationen können sehr interessant sein.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Wenn es geht, sollte man sich so viele Weinregionen wie möglich ansehen, selbst, wenn es nur für ein paar Tage ist. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich die Welt der Weine von Australien und Neuseeland, über Chile, Argentinien und Kalifornien, bis nach fast ganz Europa bereist habe. Einmal selbst erlebt ist besser als hundert Mal gehört, wie es so schön heißt. An eine Erfahrung aus erster Hand wird man sich immer erinnern.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Ich werde da nichts Neues erzählen, aber ich würde wirklich gerne einen Romanée de la Conti probieren, oder einen Vintage Portwein oder einen Madeirawein aus meinem Geburtsjahr. Das sollen richtig gute gereifte Weine sein.
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre Ausbildung?
Ich habe eine Hotelfachausbildung gemacht, mich aber als Reiseführerin spezialisiert. Jeder spart sich doch gerne die langweiligen Theoriestunden. Daher hatten wir besonders viel Spaß, wenn wir uns Reiserouten zu Hotels und Restaurant überlegen konnten, die wir später in die Tat umsetzten.
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Jeder sollte einmal einen wirklich alten Wein probieren. Ich hatte das Glück, einen Portwein des Jahrgangs 1871 zu kosten. Eine portugiesische Freundin von mir, Candida Melamed, hat in Wien geheiratet und dort auch gelebt. Als sie vor 40 Jahren von zu Hause wegging, vermachte ihr Urgroßvater ihr seine letzte Flasche Portwein. Candida bewahrte sie weitere 30 Jahre lang auf und überreichte sie schließlich mir als Geschenk. Sie sagte zu mir: „Die hier ist für dich, Du wirst sie mehr genießen als ich.“ Ich hob sie einige weitere Jahre auf, um sie für einen besonderen Anlass aufzusparen. Einestages, als meine „Weinfreunde“ mich besuchten, beschloss ich, die Flasche endlich zu öffnen. Einen solchen Schatz muss man einfach teilen – das vervielfacht das Vergnügen. Gespannt öffneten wir die Flasche. Der Korken zerbröckelte, aber ein wunderbarer Duft waberte aus der Flasche. Der bernsteinfarbene Wein tropfte wie Honig und roch nach getrockneten Aprikosen und Rosinen, gerösteten Haselnüssen, Honigwaben, Karamell, Kaffee und Ahornsirup. Es war wie ein berauschender Kuss des Himmels. Von dort sah in jenem Moment bestimmt auch der Urgroßvater meiner Freundin lächelnd auf uns herab. Vielleicht ist das der Grund, warum die alten Portweine so gut sind: Sie wurden für die nachfolgenden Generationen hergestellt und schließlich will niemand, dass nach seinem Tod schlecht über ihn gesprochen wird.