Sybille Troubleyn
Dass ich Ihnen so viele ausländische Sommeliers und Sommelièren vorstelle, könnte den Eindruck erwecken, dass ich unsere belgischen Sommeliers nicht genug Aufmerksamkeit widme. Daher stelle ich nun Sybille Troubleyn ins Rampenlicht.
Es war gar nicht so leicht Sybille von diesem Interview zu überzeigen, da sie der Ansicht ist, sie sei eigentlich keine Sommelière mehr, weil sie nicht in einem Restaurant oder Hotel arbeitet. Ich bin da anderer Meinung. Für mich ist sie auf jeden Fall eine Sommelière, denn sie gibt ihr Wissen über genauso Wein weiter, wie jemand, der in einem Restaurant tätig ist. Der einzige Unterschied ist, dass sie vor einer Klasse steht. Für diejenigen Leser, die Sybille nicht kennen: Sie ist bekannt als Miss WSET, denn es ist ihr zu verdanken, dass WSET, immerhin der weltweit führende Ausbilder in Sachen Wein, in Belgien Kurse anbietet. Das macht Sybille in Belgien also zu DER Anlaufstelle für eine international anerkannte Ausbildung in allem, was mit Wein und Spirituosen zu tun hat.
WSET-Kurse werden sowohl von besonders ambitionierten Privatleuten, als auch von gastronomischen Fachkräften besucht.
Sybilles Leidenschaft und Interesse für Wein begannen zu wachsen, nachdem sie ihre Ausbildung an einer der besten Schulen für Hotelfach in ganz Belgien, der Spermalie in Brügge, abgeschlossen hatte. Es sei gesagt, dass sie beschloss, sich eher dem Unterrichten zu widmen, als in Restaurants zu arbeiten. Im Laufe der Zeit war sie als Dozentin für zahlreich Organisationen innerhalb und außerhalb Belgiens aktiv. Darunter waren zum Beispiel die European Academy of Wine Education, BIVB, CIVB und natürlich WSET. Hin und wieder verfasst sie auch Artikel für das Vinomagazine.
Es sein betont, dass sie in jedem Fall eine Sommelière ist. Viel Vergnügen beim Lesen!
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Als Ausbilderin habe ich es mit Weinen aus aller Welt zu tun. Es hängt daher ganz von meiner Tagesform und Stimmung, sowie vom Anlass ab.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Ein guter Sommelier ist ein guter Zuhörer, kann die richtigen (kurzen) Fragen stellen und so herausfinden, was seine Kundschaft möchte. Er oder sie kann für jeden Kunden, jedes Budget und jeden Stil den perfekten Wein finden. Er oder sie findet eine Balance zwischen Wissen und Unterhaltung. Ein guter Sommelier ist ein Teamplayer. Er oder sie ist in der Lage, seine Angestellten oder Kollegen soweit auszubilden, dass sie im Tagesgeschäft selbstbewusst mit der Weinkarte agieren können. Er oder sie macht sich an vorderster Front überflüssig, aber ist im Hintergrund unersetzlich, sodass der Betrieb reibungslos läuft, auch wenn der Sommelier nicht zugegen ist.
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Der Beruf ist eine unendliche Geschichte. Um ein Spitzensommelier zu werden, muss man sich der Sache vollständig verschreiben. Man muss fleißig sein und sich wirklich anstrengen. Ein Sommelier kann zwar stolz auf sein bzw. ihr bisher erlangtes Wissen sein, sollte aber dennoch bescheiden bleiben. Je mehr man über Wein erfährt, desto stärker wird einem bewusst, dass man sich in einem stetigen Prozess befindet. Sommeliers sind Teil eines Restaurantteams. Nur die Berufsbezeichnung allein genügt nicht. Die Aufgabe eines jeden Sommeliers ist es, sich den Respekt für seine Arbeit zu verdienen.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Zum Abschluss meiner Hotelfachausbildung musste ich eine Abschlussarbeit über ein zugewiesenes Thema schreiben. Mein Thema lautete „Wein“. Das war der Beginn meiner Weinreise.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
Ich habe wahnsinnigen Respekt vor sachkundigen Experten, die bescheiden bleiben und ihr Wissen mit mir und meinen Schülern teilen. Große Namen sind Jancis Robinson (Master of Wine), Peter Sisseck, Gérard Basset (Master Sommelier), Ian Harris von WSET, José Vouillamoz, aber auch alle Schüler, die ihre Erfahrungen weitergeben.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Keep it simple. Die Leute sollen das grundlegende Wechselspiel zwischen Essen und Wein verstehen. Die meisten Menschen bevorzugen einen fruchtigeren Geschmack und weniger Säure, Bitterkeit und Adstringens. Wenn man die Grundprinzipien anwendet, stellt man die Kunden auf jeden Fall zufrieden.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Ich habe rund um die Welt schon viele Regionen besucht und jede Region hat so viel zu erzählen. Um wirklich zu verstehen, was man eigentlich im Glas haben kann, ist es wichtig, in die Regionen zu reisen. Das hilft einem dabei, die einzelnen Puzzleteile zusammenzusetzen: Klima, Berge, Täler, Flüsse, Kultur, Weinbauern, Winzer, etc. Besonders Regionen, in denen Alles gegeben wird, um Qualitätsweine herzustellen, vervollständigen das Bild.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Ich würde niemals für einen Wein ein Opfer bringen. Das Opferbringen beschränke ich auf andere Bereiche des Lebens. Ich nutze den Tag und das verschafft mir bereits ausreichend Möglichkeiten, wunderbare Weine zu probieren. Solange mir mein Beruf Spaß macht, bin ich mir sicher, dass die ein oder andere gute Flasche Wein schon meinen Weg kreuzen wird, die ich dann hoffentlich mit interessanten Menschen teilen darf.
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre Ausbildung?
Während meiner Abschlussprüfung musste ich eine Flasche Rotwein öffnen. Offensichtlich war mit dem Wein etwas nicht in Ordnung, wohl eine zweite Gärung in der Flasche. Als ich die Flasche öffnete, flog der Korken im hohen Bogen heraus und der gesamte Tisch war mit Wein bekleckert. Zum Glück waren meine Ausbilder mir behilflich und versicherten mir, dass es nicht mein Fehler gewesen war. Ein toller Start für meine Weinkarriere…
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Einige gute Flaschen Wein, Freunde, ein Lagerfeuer, Sternenhimmel, gute Musik, anregende Unterhaltungen – einfach Spaß haben und genießen!