Sören Polonius
Es ist mir eine Freude Ihnen erneut einen wirklich bemerkenswerten Sommelier vorzustellen. Dieser Mann ist der Gründer von Swesomm, was, wenn mein Schwedisch mich nicht im Stich gelassen hat, der schwedische Sommelier Verband ist. Außerdem brachte er als Trainer Spitzensommeliers wie beiden Weltmeister Andreas Larsson (2010) und Arvid Rosengren (2016), sowie einige Europameister, hervor. Zudem trägt er die Titel „bester schwedischer Sommelier“ und „Sommelier des Jahres“ und ist damit Vorbild vieler nordischer Sommeliers.
Der Präsident der belgischen Sommelier Gilde, William „Pato“ Wouters, nennt in den Mourinho unter den Sommeliers.
Doch Sören ist nicht nur ein erfolgreicher Trainer, sondern ist auch Chefsommelier der bekannten Restaurantkette „Esperanto“. Ich hatte zwar noch nicht das Vergnügen, Sören persönlich kennenzulernen, ich hoffe aber, dass sich unsere Wege bald einmal kreuzen werden.
Wenn jemand für Viele eine inspirierende Persönlichkeit ist, interessiert mich immer sehr, was dahintersteckt und was diese Person selbst als Inspirationsquelle nutzt. Daher habe ich Sören die folgenden zehn Fragen geschickt. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit seinen Antworten.
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Als Sommelier versuche ich, mich nicht festzufahren, aber mein Herz schlägt ein wenig stärker für Burgund und die Wachau, um ehrlich zu sein. Ich will weder die Champagne, Kalifornien, noch Bordeaux verkennen. Es ist immer eine schwierige Frage. Es ist, als müsse man sich zwischen seinen Kindern entscheiden.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Liebe, Hunger und Wissen. Fügt man noch Kommunikationstalent hinzu, erhält man einen sehr guten Sommelier.
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Ich denke schon. Wir müssen uns darin verbessern, dem Rest der Welt mitzuteilen, was wir eigentlich tun. Im Gegensatz zu dem, was die meisten denken, verbringen wir unsere Zeit nicht damit Tag ein, Tag aus Wein zu trinken. Es geht um viel mehr.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Der erste Funke sprang über, als ich ein Praktikum in einem Hotel absolvierte und dem Oberkellner im Weinkeller bei der monatlichen Bestandsaufnahme half. Er brachte mir die korrekte Aussprache bei und erzählte mir ein wenig über die Geschichte eines Châteaus oder einer Domain. So wurde mein Interesse durch eine recht romantisierte Verpackung geweckt.
Es dauerte danach allerdings noch eine Weile, bis ich den Schritt zu einer Ausbildung als Sommelier wagte.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
In unserer Welt gibt es zahlreiche Quellen der Inspiration. Gerard Basset und Markus del Monego sind nur zwei Namen, die ich zu den Herausragendsten in unseren Reihen zählen würde. Nicht nur aufgrund ihres fundierten Fachwissens, sondern auch wegen ihrer Kommunikationsstärke und ihrer Bereitschaft, ihr Wissen zu teilen.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Getränke sollten mit einem Gericht nicht einfach „gut funktionieren“. Sie sollten den Gang auf eine höher Ebene bringen. Ich liebe es, neue Wege zu beschreiten und dabei die alten Regeln zu meiden, um nicht nur auf ausgetretenen Pfaden zu gehen. Am Ende des Tages geht es vor allem um Gleichgewicht; Yin und Yang.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Burgund ist für viele Leute eine vergleichsweise komplizierte Region. Ein Besuch wird eine Vielzahl von Fragen beleuchten. Eine Fahrradtour durch Côte de Beaune, von Beaune nach Puligny mit einer Karte der Weinberge in der Hand, war eines der besten Erlebnisse meiner Reisen durch die Welt des Weines. Während dieser Radtour wurde mir so einiges klarer. Es war Terroir unter einem Vergrößerungsglas.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Es gibt nur wenige Weine, die zu probieren ich ein großes Opfer zu bringen bereit wäre. Es ist schwer, einen bestimmten auszusuchen. Aber ich würde wohl gerne den Wein probieren, der beim „letzten Abendmahl“ ausgeschenkt wurde…
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre Ausbildung?
Als ich meine Ausbildung als Klassenbester abschloss, war das für mich der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich meinen Weg „nach Hause“ gefunden hatte.
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Wir habe alle das Glück, in unserer Arbeit unsere Leidenschaft gefunden zu haben. Das führt uns in die besten Speisesäle und Weinkeller der Welt. Aber es sind die kleinen Momente, die jeder suchen und genießen sollte. Bei Ebbe an der Küste bei Brittany über die Felsen zu kraxeln, in der einen Hand eine Flasche Muscadet und in der anderen ein Austernmesser – das war für mich einer dieser besonderen Momente.
Ein anderes Mal waren wir im Norden Norwegens, auf den Lofoten, unterwegs und sammelten bei Niedrigwasser Wellhornschnecken, die wir anschließend mit Wein, Petersilie und Knoblauch zubereiteten. Wir aßen direkt aus dem Topf, tranken einen weißen Grand Cru aus Puligny, und schauten unter der Mitternachtssonne über das Meer. Gastronomische Romantik!