Piotr Kamecki
Heute nehme ich Sie mit nach Polen, um Spitzensommelier Piotr Kamecki zu treffen.
Obwohl der Markt für Wein in Polen nach wie vor recht übersichtlich ist, steigt der Absatz dank Menschen wie Piotr dennoch von Jahr zu Jahr kontinuierlich an. Als Präsident der Vereinigung der polnischen Sommeliers ist es Piotrs Anliegen, jungen polnischen Sommeliers Chancen zu eröffnen und sie auf internationaler Ebene mit hervorragenden Sommeliers zusammenzubringen. So sollen sie die Gelegenheit erhalten, sich auszutauschen, Freundschaften zu schließen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Piotrs Einfluss sucht in Polen seinesgleichen.
Doch bevor er begann, hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen, war Piotr selbst ganz vorne mit dabei, zum Beispiel als er 1998 den Titel als bester Sommelier Polens gewann. Nicht schlecht für einen gelernten Automechaniker, nicht wahr?
Piotr erzählte mir, dass ihn Gastronomie immer begeistert hat und wie glücklich er war, als er „Kellnerkurse“, wie er sie nennt, besuchen konnte. Die meiste Zeit arbeitete er als Sommelier in polnischen Spitzenrestaurants und wurde schließlich Chefsommelier und Dining-Room Manager. Doch er absolvierte auch einige Praktika, unter anderem im deutschen Michelin-Restaurant Schwarzer Adler. Den größten Teil seiner Karriere verbrachte er im legendären Warschauer Luxushotel Bristol.
1999 fand Piotr, dass es an der Zeit sei, in den Weinhandel einzusteigen. Daher schloss er sich als Marketing Director und später als Vorstandsvorsitzender dem Unternehmen „Centrum Wina“ an. 2013 eröffnete Piotr mit „Wine Taste by Kamecki“ sein eigenes Geschäft für erlesene Weine und wurde Partner von Winkolekcja, einem Unternehmen, das auf die Bedürfnisse exklusiver HoReCa-Kunden spezialisiert ist. Piotr ist auch polnischer Vertreter für den Glashersteller Riedel und einige renommierte Weinproduzenten wie Gaja, Musar, Bollinger, Pingus aund Vega Sicilia.
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Bordeaux. Punkt.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Ein guter Sommelier legt eine gewisse Zurückhaltung an den Tag, kann gut zuhören, lernt von den Besten, erweitert ständig sein Wissen und liebt den Umgang mit Menschen!
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Das hängt vom Land ab, aber, ja, der Beruf wird nicht genug gewürdigt.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Als ich 18 war und der Mechanikerausbildung entfloh, indem ich Fortbildungen als Kellner machte. Den ersten richtigen Kontakt mit Wein hatte ich 1992 im Hotel Bristol in Warschau, wo ich mit einem großartigen Managementteam zusammenarbeitete, das meine Leidenschaft für Wein unterstützte und mir damit den Weg in den Sommelierberuf ebnete.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
In der Welt der Weine war das Etienne Hugel, ein ausgezeichneter Winzer, perfekter Verkäufer und immer gut gelaunter Freund, der leider dieses Jahr verstorben ist. Unter den Sommeliers ist es auf jeden Fall Enrico Bernardo, der mich mit seinem Sieg bei der Weltmeisterschaft 2004 in Athen umgehauen hat. Ein großartiger, aufgeschlossener Sommelier und erfolgreicher Gastronom.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Ich versuche mich nach den Gästen zu richten: Ob für sie der Wein, das Essen, oder beides im Vordergrund stehen soll. Weine und andere Getränke sollten eine Art Brücke bilden, die es ermöglicht, die Qualität eines Gerichts zur Gänze zu genießen, die Komposition zu unterstreichen und ein Aufeinanderprallen schwieriger Zutaten zu vermeiden.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Bordeaux, denn es gibt keine andere Region, die so viele großartige Weine von herausragender Qualität produziert und das auch noch in verschiedenen Kategorie: trockene Weißweine und liebliche Rotweine. Bordeaux öffnet sich auch gegenüber einem breiteren Publikum und bekommt so nicht nur Aufmerksamkeit aus Fachkreisen, sondern auch von Weinliebhabern. Diese Region hat außerdem auch abseits des Weines einiges zu bieten, wie etwa Golf, Restaurants, Wassersport und Kultur.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Ich wollte schon immer unbedingt perfekte alte Jahrgänge probieren, insbesondere gereifte Rieslinge von der Mosel, wie die Meisterwerke, die Egon Müllers 1970 (also in meinem Jahrgang) schuf.
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre Ausbildung?
Mir hat es im Service immer gut gefallen: Als ich mein erstes Tablett mit Suppe trug, beim Gehen einen perfekten Auftritt ablieferte und mindestens die Hälfte der Flüssigkeit auch zum Tisch transportierte, war das ein wunderbares Gefühl.
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Alle Sommeliers sollten einen zweiwöchigen Lehrgang in der Küche absolvieren, um beide Seiten besser zu verstehen. Besonders, weil die Köche sich nicht aus ihrer Küche herauswagen.