Julie Dupouy
Hier ein Interview mit Julie Dupouy, aktuell eine der besten jungen Sommelièren. Julie stammt aus einer kleinen französischen Stadt namens Agen, irgendwo zwischen Bordeaux und Toulouse. Obwohl sie ihre Leidenschaft für Wein bereits mit 16 entdeckte, absolvierte sie keine Hotelmanagementausbildung. Es zeigt sich also einmal mehr, dass das Leben oft Umwege nimmt, aber man dennoch an seinen Bestimmungsort gelangt.
Julie begann ihre Karriere auch nicht in Frankreich, sondern in Irland. Dort arbeitete sie in einigen der besten Restaurant, wie dem Patrick Guilbaud** oder im The Greenhouse Restaurant*, wo sie zurzeit als Chefsommelière tätig ist. Außerdem ist Julie Weinberaterin sowohl für Geschäfts- als auch für Privatkunden und bietet Fortbildungen, Verkostungen und Einführungskurse an.
Auch bei Wettkämpfen ist Julie umtriebig. So gewann sie 2009 den Titel „Best Sommelier of Ireland“, wurde bei der Weltmeisterschaft 2016 Dritte, belegte 2013 bei der Europameisterschaft den 8. Platz und bei der WM 2013 in Tokio den 15. Platz. Es war also keinesfalls übertrieben, sie ein der besten Sommelièren der Welt zu nennen. Wer weiß, vielleicht gewinnt sie 2019 in Belgien sogar die Weltmeisterschaft?! Ich drücke ihr fest die Daumen (und unserem eigenen Kandidaten natürlich auch).
Mir hat dieses Interview sehr gefallen und einige Antworten haben mich wirklich überrascht, zum Beispiel, dass sie Weißweine aus Santorin mag. Ich glaube nicht, dass ich bereits einen probiert habe, aber das werde ich jetzt auf jeden Fall nachholen!
Viel Spaß beim Lesen!
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Ich habe nicht nur eine, sondern viele Lieblingsweinregionen und diese Liste entwickelt sich zusammen mit meinem Lernfortschritt kontinuierlich weiter. Ich liebe überraschende Kunden und das Ausräumen von Vorurteilen. Daher arbeite ich im Moment mit Weiß- und Rotweinen aus dem Valle de la Orotova auf Teneriffa, mit Rotweinen aus Österreich und Deutschland, trockenen deutschen Rieslingen, Madeiraweinen, mit Weiß- und Rotweinen aus Savoie in Frankreich, Weißweinen aus Santorin, usw.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Ich denke, Leidenschaft ist unabdingbar, denn ohne Leidenschaft kann man kein guter Sommelier sein. Sommelier zu sein, bedeutet nicht einfach zur Arbeit zu gehen, eine Weinkarte zu erstellen, Wein zu empfehlen und zu servieren und am Ende des Tages nach Hause zu gehen und das war’s. Ich glaube, es ist mehr eine Lebensart als ein Beruf. Man muss immer auf dem Laufenden bleiben, einen Teil seiner Freizeit mit Besuchen auf Weingütern verbringen, Weine verkosten und sich mit anderen Weinliebhabern austauschen, denn das ist der einzige Weg, um sich weiterzuentwickeln.
Zwei weiter wichtige Eigenschaften eines guten Sommeliers sind Bescheidenheit und Kommunikationstalent. Es ist ungeheuer wichtig sein Fachwissen mit Einfühlungsvermögen und sozialer Kompetenz weitergeben zu können.
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Auf jeden Fall! Zumindest in Irland stellen nur sehr wenige Restaurants überhaupt Sommeliers ein. Es wird großer Wert auf eine ausgefeilte Auswahl an Craft Beer Sorten und Cocktails sowie auf eine ansprechende und innovative Speisekarte gelegt. Dabei wird die Weinkarte leider oft stiefmütterlich behandelt. Oftmals werden die Weinkarten von Unternehmen erstellt, die die Restaurants mit Wein beliefern, denn die Restaurantbetreiber erkennen nicht die Notwendigkeit, einen Fachmann zu bezahlen, der den Wein auswählt und verkauft. Anstatt einen ausgebildeten Sommelier zu beschäftigen, wird dessen Aufgabenbereich lieber an die Kellner übertragen, obwohl diese meistens nicht die leiseste Ahnung von Wein haben.
Es gibt noch immer so viele grundlegende Dinge, die verbessert werden müssten, zum Beispiel die Qualität des Glasgeschirrs, die Serviertemperatur, Lagerbedingungen, etc. Zu oft spielt Wein nur die zweite Geige. Den wenigsten Restaurantbetreibern ist bewusst, dass eine bessere Weinkarte, guter Service und Weinmanagement sich umsatzsteigernd auswirken und bei den Gästen einen positiven Eindruck hinterlassen, der sich schließlich auf den Ruf des Restaurants auswirkt.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Bereits meine Großeltern bauten Wein für den Eigenbedarf an und ich erinnere mich noch gut daran, wie ich ihnen als Kind bei der Weinlese half. Daher durfte ich bereits in jungen Jahren Weine probieren, oder besser gesagt, Wasser mit einem Schlückchen Wein. Das war immer das Beste an einem Sonntagsessen bei meiner Großmutter.
Allerdings musste ich noch bis zu meinem 16. Geburtstag warten bis ich ein richtiges Glas Wein trinken durfte. Mein Großvater öffnete eine Flasche meines Geburtsjahrgangs: Einen 1983er Château Marquis de Terme aus Margaux. Ich kann nicht mehr beurteilen, ob der Wein gut war, aber ich war beeindruckt, dass es 16 Jahre alte Weine gibt. Kurz darauf ging ich zu einer Berufsberatung und informierte mich über Berufe, die mit Wein zu tun haben. Als ich an jenem Abend nach Hause kam, teilte ich meinen Eltern mit, dass ich Sommelière werden wollte.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
Seit ich diesen Beruf ergriffen habe und an Wettbewerben teilnehme, haben mich viele Menschen inspiriert. Als Auszubildende habe ich an verschiedenen nationalen Wettkämpfen teilgenommen, aber als ich 2002 anfing zu arbeiten, hörte ich von Enrico Bernados Ergebnissen bei europäischen Wettbewerben. Ich war beeindruckt, dass jemand, der noch so jung war, so gut abschneiden konnte. Obwohl ich ihn nie persönlich getroffen habe, ist er derjenige, der mich inspiriert hat, selbst an Wettkämpfen auf höchster Ebene teilzunehmen. 2012 war Gerard Basset Juror bei der irischen Sommelier-Meisterschaft und das war eine wirklich unvergessliche Begegnung. Während des Abendessens gab er mir einige Ratschläge, die ich nie vergessen werde.
Erst kürzlich hörte ich in Barcelona einen Vortrag von Markus del Monego und war wirklich beeindruckt von seiner Bescheidenheit, seinem Charisma und der Art, wie er das Publikum in seinen Bann zog. Das war sehr lehrreich für mich. Ich schätze mich wirklich glücklich, dass ich zunehmen die Möglichkeit habe, tolle Sommeliers und Weinliebhaber zu treffen, die für mich eine Quelle der Inspiration darstellen.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
In der Regel schaue ich mir die Hauptbestandteile des Gerichts und noch zwei oder drei weitere Geschmackskomponenten, Aromen und Texturen an. Anschließend bedenke ich die verschiedenen Optionen, die ich zur Auswahl habe: Matching oder Balancing? Gehe ich regional oder doch traditionell vor? Wage ich etwas Ausgefalleneres und Originelles?
Schließlich ist es auch sehr wichtig, eng mit der Küche zusammenzuarbeiten und die Gerichte selbst zu probieren, denn nicht alles, was in der Theorie funktioniert, ist dann auch wirklich gut, wenn man es erst einmal auf dem Tisch hat.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Ich würde das Western Cape in Südafrika vorschlagen. Die Landschaft ist atemberaubend und der Zugang zu Weinproben ist wirklich einfach. Vielerorts ist eine Weinprobe ohne vorherige Anmeldung möglich. Das Essen ist köstlich und die Qualität der Weine verbessert sich stetig.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Es gibt viele legendäre Weine, die ich bisher leider noch nicht probieren konnte. Der Wein, den ich jedoch am allerliebsten Probieren möchte, ist ein Vosne-Romanée „Cros-Parantoux“ von Henri Jayer. Der Jahrgang wäre völlig egal!
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre Hotelfachausbildung?
Ich habe leider keine Hotelfachausbildung gemacht…
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Ich denke, jeder sollte einmal im Leben nach Japan reisen und so viel wie möglich probieren. Ich bedauere, dass ich nur fünf Tage dort war und die japanische Küche nicht ausgiebiger genießen konnte. Viele Aromen und Texturen sind so anders als alles, was wir in Europa gewohnt sind, dass ich das Gefühl hatte, meinen Gaumen neu kalibrieren zu müssen. Das war durchaus eine kleine Herausforderung, aber Alles in Allem war es ein unvergessliches Erlebnis. Ich möchte unbedingt erneut dorthin, denn Japan ist eine der Top-Destinationen für alle, die eine außergewöhnliche kulinarische Erfahrung machen möchten.