Roderick Wong
Heute nehme ich Sie mit nach Asien, um den malaysischen Spitzensommelier Roderick Wong zu treffen. Wenn ich ihn mit einem anderen Sommelier vergleichen sollte, würde ich sagen, er ist der malaysische Arunas Starkus, denn genau wie er, ist auch Roderick ein Pionier seiner Zunft, der in Malaysia vielen Menschen den Weg geebnet hat.
Roderick ist schon lange in der Welt des Weines aktiv; genauer gesagt seit 1993. In dieser Zeit war er Weinimporteur, Großhändler, Einzelhändler, Berater, Preisrichter, Dozent und offensichtlicher Weise Sommelier. Er gründete die Hilton Wine Academy, in der er über 800 Schüler unterrichtete. Um noch mehr Außenwirkung zu erzielen, gründete er 2009 zudem die Sommelier Association of Malaysia (SOMLAY), die zur ASI gehört.
Seine Anstrengungen blieben nicht unbemerkt, sodass er zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, wie den Titel Wine Personality of the Year 2007/2008, ein Ehrendiplom sowie die Mitgliedschaft in der Associazione della Sommellerie Professionale Italiana (ASPI) und dem Court of Master Sommeliers erhielt. Außerdem ist er Ehrenbotschafter spanischer Weine.
Neben häufigen Reisen und seiner Tätigkeit als Preisrichter ist Roderick heute vorrangig als Kellermeister der Galaxy Entertainment Group in Macau beschäftigt und damit vielen Sommeliers aus dem asiatischen Raum ein Vorbild.
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Da gibt es viele, aber ich würde vielleicht sagen Jerez de la Frontera und das Loirtal. Diese beiden Regionen, die wirklich interessante Weine mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis herstellen, sind – zumindest in diesem Teil der Welt – verkannt.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Zweifellos benötigt man zu allererst die notwendige Leidenschaft. Ein guter Sommelier sollte bescheiden sein, zuhören können, aber auch kommunikativ sein, natürlich über das entsprechende Fachwissen verfügen und betriebswirtschaftlich den Überblick behalten. Es geht nicht nur um eine gute Weinkarte. Unser Job ist hauptsächlich der Verkauf von Wein.
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Wenn man aus Asien stammt ist der Beruf des Sommeliers in der Tat unterschätzt. Zum Beispiel werden hier Leute als Sommeliers bezeichnet, die sich zwar ein wenig mit Wein auskennen, allerdings keinerlei Berufserfahrung oder eine formelle Ausbildung vorweisen können. In vielen Teilen Asiens wird die Vergütung, die Hotels und Restaurants zahlen, keinesfalls der harten Arbeit und den Anforderungen an einen Sommelier gerecht. Daher zieht es viele Sommeliers ins Ausland, wo sie besser bezahlt werden.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Es find alles 1993 mit meinem ehemaligen Arbeitgeber Teng Wee Jeh an. Da ich aus einem Land stamme, das keinen Wein produziert, war es anfangs nicht leicht, aber ich hatte das Glück einen großartigen Mentor zu haben, der viele Jahre in London gelebt hat und nach Malaysia zurückkehrte, um eine Weinhandlung zu eröffnen. Er war ganz uneigennützig dazu bereit, mich auszubilden. Neben der Vermittlung von Fachwissen gelang es ihm auch meine Leidenschaft für Wein zu wecken.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
Ich hatte im Laufe der Zeit das große Privileg viele der besten Sommeliers der Welt kennenzulernen. Daher weiß ich aus erster Hand, wie viele vorbildliche Sommeliers da draußen sind. Ich möchte Shinya Tasaki, Gerard Basset, Giuseppe Vaccarini und Andreas Larsson nennen. Sie sind Beispiele für Entschlossenheit, Hingabe, Bescheidenheit und die Bereitschaft, ihr Wissen weiterzugeben.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Ich versuche die Proteine zu verstehen, die Zubereitungsart, die Soße und die Gewürze eines Gerichts. Allerdings sollte die Struktur des Weines nie das Essen überlagern, oder umgekehrt. Manchmal bin ich auch gerne abenteuerlustig und suche meinen Weg abseits des Lehrbuchs. Ich mag Kombinationen mit verschiedenen Stilen, unbekannteren Weinregionen, usw.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Jerez de la Frontera; eine Region mit einem ganz eigenen und besonderen Herstellungsverfahren und einem Erzeugnis, das nur allzu oft in Vergessenheit gerät.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Einen Romanée-Conti und einen 1961 Paul Jaboulet Aîné Hermitage La Chapelle.
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre (Hotelmanagement-)Ausbildung?
Leider habe ich keine Hotelmanagementausbildung absolviert.
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Ein besonderes Erlebnis ist in jedem Fall die Verkostung eines 1910er Cuvée von Joseph Noëll der Domaine Puig-Parahy beim 100 Years Tasting von Les Vins Doux Naturels du Roussillon in Perpignan. Eine weitere tolle Erfahrung habe ich auf einer Feier anlässlich eines 60. Geburtstags gemacht. Dort probierte ich an einem Tag Château Latour, Château Cheval Blanc, Château La Mission Haut Brion und Château d’Yquem aus dem Jahrgang 1955.