„Bei Tee ist der Fachmann gefragt“
Sebastian Bordthäuser hat das Thema Tee für sich entdeckt und spricht über seine Erfahrungen sowie die mangelnde Wertschätzung von Tee in Deutschland.
Warum beschwert sich hierzulande niemand, wenn er im Restaurant einen Tee bestellt und für vier Euro eine Tasse heißes Wasser mit Beutel bekommt?
Deutschland hat keine Teekultur. Geh’ doch mal in den Supermarkt und schau, was da für aromatisiertes Zeug rumliegt. Außerdem unterscheiden wir hier nicht zwischen Tee und Infusion – also allem, was nicht von der Teepflanze kommt. Für den Gastronomen ist das gut, denn Tee wie er hierzulande serviert wird, hat eine sehr hohe Marge. Ich kann den Leuten ja anbieten was ich will, es interessiert keinen.
Ist Tee denn ein guter Speisenbegleiter?
Oh ja. Es gibt derzeit diesen Trend mit aromatisiertem Wasser, aber das hat nur Duft. Tee hat Gerbstoff, kann Süße entwickeln, hat Extrakt. Der Klassiker ist, wenn ich einen Lapsang Suchong mit einem kräftigen Schmor-Gericht oder zu etwas mit Raucharomatik serviere. Das ist allerdings nur der Einstieg auf dem kleinsten Nenner.
Was kann Tee, was andere Getränke nicht können?
Tee ist subtiler. Kaffee wird außerhalb der Kaffee-Geek Szene als ein Funktionsgetränk nach dem Essen gesehen. Tee verlässt diese eindimensionale Rolle.
Worauf achte ich beim Einkauf?
Bei Tee ist der Fachmann gefragt. Im Handel werden die meisten mit Unterlagen von großen Firmen geschult, es gibt kaum unabhängige Meinungen. Wenn du dich beim Tee auskennen willst, dann musst du dich selber kümmern, da gibt es auch wenig Literatur. Das ist einer der letzten Gipfel, auf denen Reinhold Messner noch nicht war.
Woran erkenne ich einen guten Teehändler?
Der hat nur lose Ware und kauft selbst ein. In China oder Japan hat Tee einen Stellenwert wie bei uns nur der Wein.
Gibt es eine Kombination von Tee und Speise, die Du für zuhause zum Ausprobieren empfiehlst?
Ein Perlhuhn mit Pilzen mit einem hellen Jus, dazu einen Tie Guan Jin aus Muzah, einen dunklen Oolong aus Taiwan.
Was war der beste Tee, den Du je getrunken hast?
Schwierig, ich bin ja selbst noch dabei, mich einzutrinken. Vielleicht ein Xia Guan Tuo Cha, ein Shen Pu Erh aus Yunnan aus den frühen 1980er Jahren. Er entwickelte sich über zehn Aufgüsse und mehr.
Wie bewertest Du das Durchschnittswissen eines deutschen Sommeliers über Tee?
Da in den Schulen mit den Unterlagen der Teeindustrie geschult wird, sind die dort vermittelten Grundlagen Basiswissen: Ziehzeiten, wissen,
dass man die Kanne vorher heiß machen und gutes Wasser nehmen muss. Simple Sachen, die mit großer Akkuratesse ausgeführt werden müssen für ein gutes Ergebnis.
Das Gespräch mit Sebastian Bordthäuser führte Patrick Hemminger.