Randy Mays
Um den folgenden Sommelier kennenzulernen nehmen wir Sie heute mit in die Türkei. Ich freue mich, Ihnen Randolph „Randy“ Mays vorzustellen.
Wie Sie vielleicht bemerkt haben, ist „Randolph“ nicht unbedingt ein typisch türkischer Name. Randy ist eigentlich auch Amerikaner, lebt und arbeitet aber bereits seit 27 Jahren in der Türkei. Was Sie außerdem überraschen könnte, ist der Umstand, dass Randy einen Abschluss in Architektur vom Pratt Institute in New York City hat und zusätzlich einen Masterabschluss an der renommierten Columbia University gemacht hat. Und obwohl er bereits auf drei verschiedenen Kontinenten gelebt hat, scheint die Türkei es ihm besonders angetan zu haben, da er so lange dortgeblieben ist. Was genau ihn in die Türkei verschlug werden wir wohl nie erfahren (die Liebe war es nicht, wurde mir gesagt). Was wir aber mit Sicherheit wissen ist, dass er ein echter Pionier des türkischen Weinimports ist. Seit 1990 importiert er zusammen mit seiner Frau für ihr Geschäft ADCO GIDA erlesene Weine in die Türkei. Ich habe einmal über ihn gelesen, dass das Ganze als eine Art Scherz seinen Anfang genommen hat… Kurzgesagt führte eines zum anderen und ehe er sich versah wurde der Weinimport zu seinem Hauptberuf. Er war dabei möglicherweise sogar der Erste überhaupt in der Türkei.
Seine Leidenschaft für Wein entdeckte Randy schon während seines Architekturstudiums und verband dies mit Jobs als Weinkellner, Sommelier und sogar Restaurantmanager. Gleichzeitig gründete er seine eigene Baufirma, mit der er national wie international viele Hotels, Restaurants und Bars baute. Aber während einer Türkeireise, auf der er eine Frau treffen wollte, – also doch eine Liebesgeschichte! – verliebte er sich nicht nur in seine heutige Ehefrau, sondern auch in Istanbul. Der Rest ist Geschichte.
Im Laufe der Zeit hat Randy nicht nur die türkische Sommelier-Vereinigung gegründet, deren Präsident er heute ist, sondern ist als Ausbilder tätig und fungiert auch oft als Juror auf internationalen Sommelier-Wettbewerben. Darüber hinaus ist er ein Weltenbummler, der durch die Weingärten der Welt streift, um seinen Horizont zu erweitern. Also ein Geschäftsmann mit wirklich faszinierender Persönlichkeit, der Vielen eine Inspiration ist.
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Da muss ich mich wohl für Burgund entscheiden. Keine andere Region kann es mit dieser aufnehmen, wenn es um Eleganz, Finesse und Komplexität geht. Aber ich muss hinzufügen, dass Bordeaux für mich nur knapp dahinterliegt.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Für mich stecken hinter einem guten Sommelier viele Dinge, aber zuallererst geht es um Wissen. Wissen allein genügt allerdings nicht annähernd. Denn Fachwissen ohne Wertschätzung, tiefes Verständnis, intensive Leidenschaft und eine nahezu übermenschliche Hingabe gegenüber menschlichen Eigenschaften wie Freundlichkeit, Anteilnahme, Liebe, Respekt, Humor und der Weitergabe von Wissen wird zu einer leblosen Anhäufung von Daten und Fakten.
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Ja, ich gehe stark davon aus das alle die gute Arbeit, die wirklich ausgezeichnete Sommeliers leisten, unterschätzt wird. Ich muss allerdings hinzufügen, dass ich das Gefühl habe, dass heute viele junge Sommeliers dazu neigen egozentrisch, großspurig und selbstgerecht zu sein. Diese Einstellung fügt unserem Ruf bei den Gästen und der Kundschaft im Allgemeinen erheblichen Schaden zu.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Meine Leidenschaft entwickelte ich schon in jungen Jahren als ich damals in den 60ern in Pennsylvania meinem Großvater zusah und ihm bei der Herstellung seines eigenen Weines und der Schnapsbrennerei half. Als ich älter wurde und in unserem Familienrestaurant kellnerte wuchs meine Begeisterung für alles, was mit Wein zu tun hatte und so nahm die Geschichte ihren Lauf.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
Das ist wirklich eine sehr schwierige Frage! Da sind über die Jahre einige zusammengekommen. Auf den Wein bezogen sind es sicherlich Angelo Gaja, Miguel Torres, Gerard Jaboulet, Robert Mondavi und Etienne Hugel, die ich alle persönlich kenne bzw. kannte. Alle auf ihre ganz eigene Art großartige Männer. Sie alle haben mich sehr beeinflusst. Als Sommelier muss ich auf jeden Fall Serge Dubs hinzufügen. Einen Mann, zu dem ich immer aufgeschaut habe und den ich sehr bewundere. Ein wahrer Champion und eine Ikone in unserem Metier.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Wenn es um die richtige Zusammenstellung geht, richte ich mich zuerst nach der Situation und versuche auf meinen Kunden einzugehen und ihn so gut es geht zu verstehen. Das hilft mir dabei einen Ansatz zu finden, der dem Individuum oder dem Gesamtkonzept gerecht wird. Ich persönlich versuch meine Klienten, soweit möglich, auf eine Entdeckungsreise zu führen und wenn ich überzeugend genug bin (und das bin ich meistens) fahre ich mit meinen Empfehlungen hinsichtlich der ausgewählten Speisen fort. Normalerweise finde ich die „üblichen Verdächtigen“ auf triviale Art langweilig, sodass ich versuche mit meinen Vorschlägen und auch meinem Weinkeller kreativ zu sein. Natürlich werde ich die Auswahl eines Kunden immer unterstützen, wenn er vehement an einer Region, einer Art, einer Rebsorte oder einem Preis festhält.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Zweifellos in Languedoc-Roussillon in Frankreich. Die Vielfalt der Reb- und Weinsorten, die verschiedenen Mikroklimata, die unglaublich schöne Landschaft und die phantastische lokale Küche sind einzigartig!
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Noch so eine schwierige Frage! Aber ich denke, das wäre für mich wohl ein Romanee-Conti DRC von 1990.
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre (Hotelmanagement-) Ausbildung?
Da ich keine Hotelmanagementausbildung genossen habe, wurden stattdessen meine Arbeit, meine Reisen und das Leben meine Schule. Und das ist bis heute so.
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Unbedingt einmal an einer Weinlese teilzunehmen!