Raimonds Tomsons
Erlauben Sie mir, den diesjährigen Gewinner des Titels „ASI Best Sommelier of Europe“ vorzustellen: Den 36-jährigen Letten Raimonds Tomsons.
Raimonds ist ein weiteres gutes Beispiel für einen Sommelier, der zu seiner Passion gefunden hat, obwohl er etwas Fachfremdes studiert hat.
Tatsächlich begann er nach seinem Studium seine Karriere 1999 als Commis im Restaurant Vincent‘s in Riga. Nachdem er alle Stationen des Restaurantbetriebs durchlaufen hat, arbeiter er heute noch immer für dasselbe Restaurant – allerdings als Chefsommelier. Man kann also mit Gewissheit sagen, dass er ein loyaler Angestellter ist. Denn 18 Jahre für ein und denselben Betrieb zu arbeiten ist in der HoReCa-Branche nicht unbedingt üblich. Es spricht für sich, dass Raimonds Leidenschaft über die Jahre gewachsen ist und ihn 2017 nun zum Titel als Europas bester Sommelier geführt hat. Eine beachtliche Leistung, wie ich finde.
Um sich auf die internationalen Wettbewerbe vorzubereiten, erwarb er nach langem Studium sein WSET Level 4 Diplom an der Weinakademie Österreich. Ich selbst habe die Europameisterschaft verfolgt und kann sagen, dass Raimonds ein würdiger Sieger ist. Ich freue mich jetzt schon darauf, ihn 2019 in Antwerpen auf bei der ASI Weltmeisterschaft wiederzusehen, da ich mir sicher bin, dass man von ihm noch hören wird.
Zurzeit verbindet Raimonds seine Anstellung im Vincent‘s mit einer Tätigkeit als Vorstandsmitglied der lettischen Sommelier-Vereinigung und arbeitet zudem als Weinberater.
Doch nun genießen Sie bitte die Ausführungen unseres Champions:
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Das ist wirklich eine schwierige Frage, weil es so viele hervorragende Weine gibt und ich verschiedenen Weinen gegenüber immer schon sehr aufgeschlossen war. Es sind die Gäste, das Essen und der Anlass, welche die Wahl des Weines bestimmen. Allerdings gefällt mir die Vielfalt österreichischer und deutscher Rot- sowie Weißweine besonders.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Ein guter Sommelier muss natürlich über ein gutes theoretisches Hintergrundwissen, einen exquisiten Geschmack und einen perfekten Sinn für Service verfügen. Dennoch ist meiner Meinung nach der Umgang mit der Kundschaft am Wichtigsten und gleichzeitig am Anspruchsvollsten. Für einen guten Sommelier sollten immer seine Kunden und deren Wünsche im Vordergrund stehen. Er muss sich im Hintergrund halten, aufgeschlossen sein und im richtigen Moment seine Kenntnisse zum Einsatz bringen! Um das zu können, muss man beständig und hart an sich arbeiten, probieren, lernen, reisen, Winzer treffen und natürlich verstehen und respektieren, wie viel Arbeit in jeder Flasche Wein steckt! Und dann müssen wir diese Erfahrungen und Emotionen mit unseren Kunden teilen!
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Ich denke auf jeden Fall, dass ein guter Sommelier in den wichtigsten Märkten wie, Großbritannien, USA, Deutschland, usw. von Restaurantbesitzern und, noch viel wichtiger, von den Kunden sehr geschätzt wird! In unserem kleinen Land ist das leider noch nicht der Fall. Es gibt weiterhin viele gute Restaurants mit großartigen Küchenchefs, die keinen Weinkellner oder Sommelier haben, der eine gute Weinkarte zusammenstellen könnte und so dem ganzen Konzept des Restaurants Rechnung tragen könnte. Außerdem glaube ich, dass vielen Restaurantbesitzern nicht klar ist, dass ein guter Sommelier auch einen finanziellen Vorteil bringen kann!
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Ich habe 1999 als Trainee im Vincent‘s angefangen, wurde dann Kellner und Oberkellner und hatte 2006 die Möglichkeit Weinkarte und -management zu übernehmen. Ich habe meine Leidenschaft durch den Kontakt mit der gehobenen Küche, einem tollen Koch und einer großen Auswahl an Weinen gefunden. Natürlich fehlte mir anfangs noch das notwendige Fachwissen, sodass ich anfing Bücher über Wein zu lesen, verschiedene Weine mit unterschiedlichen Gerichten zu probieren und zusammen mit meinem Küchenchef den besten Restaurants im Ausland einen Besuch abzustatten, um Informationen zu sammeln. Die Teilnahme an Wettbewerben war für mich auch sehr wichtig, da die gedankliche Vorbereitung und das Lernen einen sicher und besser werden lassen.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
Es gibt so viele interessante Persönlichkeiten in der Welt der Sommelier, aber zwei herausragende sind für mich Andreas Larsson und Gerrard Basset.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Selbstverständlich wissen wir alle, wie die verschiedenen Elemente des Weins mit bestimmten Arten eines klassischen Menüs reagieren. Aber heutzutage sind die Köche unglaublich kreativ, wenn es darum geht, hoch komplexe Geschmackskombinationen zu kreieren. Daher ist für mich immer noch der beste Ansatz um eine perfekte Kombination zu finden, ein Gericht mit mehreren Weinen zu probieren. Im Vincent’s versuchen wir neue Gerichte zusammen mit meinem Assistenten und unserem Koch zu probieren, weil sie zwar möglicherweise nicht das größte Fachwissen haben, dafür aber den sensibelsten Gaumen. Und nebenbei ist der Hinweis, dass wie den Wein zusammen mit unserem Chefkoch ausgesucht haben, ein perfektes Verkaufsargument!
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Österreich ist eine hervorragende Weinnation! Ich kann erkennen, dass der Endverbraucher noch nicht erkannt hat, dass Österreich nicht nur einen der besten Weißweine der Welt herstellt, sondern auch eine große Auswahl authentischer lokaler Rotweine zu bieten hat, wie zum Beispiel Zweigelt, St. Laurent und Blaufränkisch, oder wunderbare Weine aus der Steiermark. Außerdem überzeugen die wunderschöne Landschaft, die tolle lokale Küche und die freundlichen Menschen.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Ich hoffe, dass meine Weinreise noch viele Jahre weitergehen wird und ich die Möglichkeit haben werde, die beste Weine der Welt zu probieren ohne dafür ein Opfer bringen zu müssen. Allerdings würde mich sehr interessieren, wie die großartigen französischen Weine, egal ob aus der Champagne, Burgundy, Bordeaux, etc. vor der Reblausplage geschmeckt haben!
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre Ausbildung?
Mein Studium an der Österreichischen Weinakademie in Rust. Es war eine tolle Zeit mit hervorragenden Dozenten und neuen Freunden aus aller Welt. Das Wissen, das ich dort erworben habe, hat mir geholfen, die harte Arbeit die hinter dem Wein steht, wertzuschätzen und besser zu verstehen.
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Ich habe tolle Erinnerungen an das Restaurant El Bulli. Ich war dort zusammen mit meinem Chefkoch und wir haben eine Flasche Château Rayas Blanc genossen. Eine tolle Erinnerung und eine schöne Erfahrung!