Arvid Rosengren
Die Liste mit Sommeliers, die ich interviewen wollte, war lang, aber einer, der unbedingt dabei sein musste war der diesjährige Gewinner des Titels „Best Sommelier of the World“: Arvid Rosengren. Ich bin selbst nie bei einer Weltmeisterschaft dabei gewesen, aber wenn ich an das Niveau denke, das schon die nationalen Wettbewerbe (in Belgien) haben, kann ich mir ungefähr vorstellen, wie schwer es erst auf internationaler Ebene sein muss.
Was mich noch mehr erstaunt ist, dass Arvid erst 31 Jahre alt ist! Ein eindrucksvolles Alter, um bereits in dieser Liga mitzuspielen. Zurzeit arbeitet Arvid als Weindirektor (und das schon seit einigen Jahren) im angesagten New Yorker Restaurant Charlie Bird, einem Stadtteil-Restaurant, das tolles Essen und Spaß vereint und in meinen Augen einen skandinavischen Touch hat. Das Lustige daran ist, dass Arvid nur nach New York kam, weil einige seiner Freunde ihn dazu gedrängt haben.
Wenn Sie mehr über Arvids Karriere wissen möchten, empfehle ich Ihnen, seine Biografie zu lesen.
Ich freue mich sehr, dass Arvid, wie so viele andere Sommeliers, die Zeit gefunden hat, zehn Fragen zu beantworten und den Lesern so zu ermöglichen, mehr über das Leben eines Sommeliers herauszufinden.
Das Interview
Mit welcher Weinregion arbeiten Sie am liebsten?
Um ein guter Sommelier zu sein, muss man omnivor sein und alle Arten von Wein lieben. Ich habe besonders starke Gefühle für Piemont, Jerez, die Mosel, das nördliche Rhône Gebiet, Galizien und das Loire Tal. Dennoch ist die Region, die mir am meisten Freude bereitet, mich am Meisten aufregt und fordert, aber die auch am lohnendsten ist, Burgund. Das Maß an Komplexität ist schlichtweg unvergleichlich.
Was braucht es Ihrer Meinung nach, um ein guter Sommelier zu sein?
Man benötigt eine beinahe unmögliche Kombination verschiedener, manchmal gegensätzlicher Fähigkeiten. Leidenschaft, Empathie und Zurückhaltung sind die wichtigsten. Aber um wirklich gut zu sein, braucht man selbstverständlich auch Fachwissen sowie Organisationstalent und ein tiefgreifendes wirtschaftliches Verständnis.
Wird der Beruf des Sommeliers unterschätzt bzw. zu wenig gewürdigt?
Ich denke, das kommt darauf an, wo man ist. Es gibt Märkte, auf denen das Handwerk zu wenig gewürdigt wird und noch nicht so weit entwickelt ist. Andernorts werden Sommeliers ebenso frenetisch gefeiert wie Spitzenköche.
Wann und wo haben Sie Ihre Leidenschaft für Wein entdeckt?
Geschmack und Aromen haben mich immer schon fasziniert und daher habe ich bereits in jungen Jahren Weine probiert (natürlich keine besonders guten). Richtig ernst wurde es dann mit ungefähr 20, als ich angefangen habe mit Weinen zu arbeiten. Ich habe nie damit aufgehört.
Wer ist Ihr großes Vorbild in der Welt der Weine und Sommeliers?
Es gibt so viele Vorbilder. Da wären Gerard Basset, Andreas Larsson, Bobby Stuckey und Richard Betts, die ich aus verschiedenen Gründen bewundere und zu denen ich aufschaue.
Wie gehen Sie vor, um den perfekten Wein (oder das perfekte Getränk) für ein Gericht auszuwählen?
Das geht ganz einfach. Ich habe mich immer durch hunderte Flaschen Wein probiert, um schließlich die richtigen fünf für ein Weinmenü zu finden. Was ich herausgefunden habe ist, dass egal wie viel Aufwand man betreibt, der Geschmack der Leute subjektiv bleibt. Daher ist die richtige Kombination für mich zu allererst eine Frage von gutem Wein und gutem Essen und der Vermeidung allzu schwerer Fehler und Katastrophen.
In welcher Weinregion würden Sie jedem einen Besuch empfehlen und warum?
Da gibt es so viele Möglichkeiten! Jerez vielleicht. Es ist so ein besonderer Ort, der wirklich schwer zu verstehen ist, wenn man nur darüber liest.
Um welchen Wein zu probieren würden Sie ein großes Opfer bringen?
Haha, ich hatte sehr viel Glück damit, die meisten Weine meiner Träume zu probieren. Natürlich habe ich noch einige Weine auf meiner Wunschliste wie etwa den 1945er Romanée Conti, den ich so gerne kosten würde.
Was ist Ihre Lieblingserinnerung an Ihre Hotelmanagementausbildung?
Ich habe keine Hotelmanagement-, sondern eine Kochausbildung gemacht! Wir waren eine kleine Gruppe und wurden von einer örtlichen Jagdfarm angestellt, um kleinere Abendessen für deren Gäste auszurichten. Wir haben es mit Allem völlig übertrieben: Jeden Tag eine andere verrückte Dekoration, für die wir den halben Wald, ausgestopfte Tiere und noch Einiges mehr benutzt haben.
Ein kulinarisches Erlebnis, dass jeder einmal gemacht haben sollte – abgesehen von einem Essen in Ihrem Restaurant?
Ich werde oft danach gefragt, welcher der beste Wein ist, den ich je getrunken haben und das ist üblicherweise unmöglich zu beantworten. Aber ich denke, dass ich seit einer Verkostung letztes Jahr mit Gérard und Jean-Louis Chave in deren Weinkeller in Mauves nach einem unglaublich heißen Tag, an dem wir durch die Weinberge gelaufen sind, die Antwort kenne. Die Flasche des 1978er Hermitage, die Gérard für uns öffnete, wird für immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen und in meiner Erinnerung einnehmen.